Die Eigenbedarfskündigung
Privateigentum ist Grundrecht. Doch auch das Recht des Mieters auf seine Wohnung steht unter dem Schutz des Grundgesetzes. Was das für Mieter und Vermieter heißt, hat der Bundestag ins Bürgerliche Gesetzbuch geschrieben: Mietverträge dürfen normalerweise nicht gekündigt werden, solange der Mieter seine Pflichten erfüllt und insbesondere seine Miete pünktlich bezahlt.
Es gibt allerdings Ausnahmen. Die wichtigste Ausnahme: Der Vermieter braucht die Wohnung selbst und meldet Eigenbedarf an. Je höher die Mieten steigen, umso häufiger brauchen Vermieter ihre oder eine ihrer Wohnungen selbst. Sie dürfen Mietern kündigen, wenn sie eine Wohnung für sich, ihre Familie oder nahe Verwandte brauchen. Zulässig ist die Eigenbedarfskündigung zugunsten von Kindern, Stiefkindern, Eltern, Enkeln, Großeltern, Geschwistern, Nichten und Neffen, Partnern, Ehegatten, Schwiegereltern, Haushaltshilfen und Pflegepersonal.
Sperre. Sind die Mieter schon in die Wohnung eingezogen, bevor sie in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde, dürfen sie nach dem Verkauf noch drei Jahre, in Gegenden mit Wohnungsmangel zehn Jahre dortbleiben. Erst dann ist der Vermieter zur Eigenbedarfskündigung berechtigt.
Mieterfreundliche Fristen nach Umwandlung
Es gibt noch eine wichtige Einschränkung für das Recht des Vermieters auf eine Eigenbedarfskündigung: Wurde die Wohnung erst nach Abschluss des Mietvertrags in eine Eigentumswohnung umgewandelt und verkauft, dann ist die Eigenbedarfskündigung für drei Jahre ausgeschlossen. Wo – wie in Frankfurt – Wohnungsmangel herrscht, ist die Kündigung des Mietvertrags sogar für zehn Jahre gesperrt. Um eine Umgehung dieser Regelung zu verhindern, gilt der gleiche Schutz vor Eigenbedarfskündigungen, wenn das Mietshaus an eine Personengesellschaft oder an mehrere verschiedene Eigentümer verkauft wird.
Für Mieter der ehemals der Frankfurter Siedlungsgesellschaft - FSG zugehörigen Wohnungen, die zum Zeitpunkt des Verkaufes ihrer Wohnung das 65 Lebensjahr erreicht haben, besteht ein dauerhaftes, lebenslanges Wohnrecht, welches auch für alle nachfolgenden Käufer/Eigentümer nachwirkt. (Siehe auch Nachtrag ***)
Keine Kündigung des Mieters in Härtefällen
Selbst wenn eine Eigenbedarfs- oder Verwertungskündigung eigentlich zulässig ist, kann sie im Einzelfall doch ausgeschlossen sein. Das passiert, wenn das Ende des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder sonst einen Angehörigen des Haushalts eine Härte bedeuten würde, die schwerer wiegt als die berechtigten Interessen des Vermieters. Der Mieter kann dann der Kündigung widersprechen und vom Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen.
Wann liegt ein Härtefall vor?
Der Auszug ist nicht schon allein wegen des hohen Alters oder einer Erkrankung des Mieters unzumutbar. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Az. VIII ZR 68/19). Beides begründe für sich genommen noch keine Härte. Geht mit dem hohen Alter des Mieters eine Krankheit einher und würde der Umzug den Gesundheitszustand des Mieters erheblich beeinträchtigen, kann allerdings eine Härte vorliegen, die gegen den Auszug spricht.
Hohes Alter plus Verwurzelung am Wohnort. Ist der Mieter schon recht alt und ist er außerdem stark verwurzelt in seine Umgebung, kann ein Härtefall vorliegen, die es dem Vermieter verbietet, den Mieter vor die Tür zu setzen. In einem Prozess müssen Mieter eine solche Verwurzelung gut belegen können, um die Kündigung abzuwehren. Vor dem Landgericht Berlin ist das jüngst einer 84-jährigen Mieterin gelungen. Das Gericht erklärte die Eigenbedarfskündigung des Vermieters für unwirksam, da die Frau bereits mehr als 20 Jahre in der Wohnung gelebt und außerdem Ärzte und soziale Kontakte in der Nachbarschaft hatte. Das sei eine „tiefe Verwurzelung“, aus der die Mieterin nicht gerissen werden dürfe (Az. 67 S 345/18, Urteil vom 25. Mai 2021).
Widerstand – diese Kosten kommen auf Mieter zu
Greifen solche Einschränkungen nicht, haben Mieter ein Problem: Sie können oft kaum überprüfen, ob Eigenbedarf vorliegt. Den Auszug zu verweigern,
weil der Vermieter womöglich bloß behauptet, die Wohnung für sich oder
Verwandte zu benötigen, kann ohne Rechtsschutzversicherung oder Mieterverein sehr teuer werden. Der Vermieter wird vor dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die Wohnung liegt, gegen den Mieter Klage auf Räumung erheben.
Er muss dann seinen Eigenbedarf genau erklären und im Zweifel beweisen. Kann er das Gericht am Ende überzeugen, müssen die Mieter nicht nur ausziehen, sondern auch noch die Kosten des Verfahrens tragen.
Diese Kosten – Anwalts- und Gerichtskosten einschließlich der gegnerischen Kosten - erreichen bei einer Kaltmiete von 500 Euro pro Monat in typischen Fällen ca. 3000 Euro in der ersten Instanz und weitere gut 3000 Euro in der Berufungsinstanz die der Verlierer des Prozesses zu tragen hat.
Manchmal lässt sich nach dem Auszug beweisen, dass es gar keinen Eigenbedarf gab. Dann wird es teuer für den Vermieter.
Und wenn es nur ein vorgetäuschter Eigenbedarf war?
Wurde der Eigenbedarf nur vorgetäuscht, um die Wohnung teurer als bisher zu vermieten oder für möglichst viel Geld zu verkaufen, steht den früheren Mietern Schadenersatz zu. Sie können ihrem ehemaligen Vermieter dann vor allem die Kosten für den Umzug und die Differenz der neuen zur alten Miete in Rechnung stellen.
Tipps für Mieter
Rechtsberatung. Verhandeln Sie besser nicht selbst mit dem Vermieter, wenn er Ihnen die Kündigung schickt und Sie denken, dass Sie etwa wegen Alter oder Krankheit nicht ausziehen müssen. Lassen Sie sich unbedingt sofort vom Mieterverein oder einem auf Mietrecht spezialisierten Anwalt beraten.
Widerspruch. Den Widerspruch müssen Sie schriftlich und spätestens zwei Monate vor Ende der Kündigungsfrist erklären. Sie sollen ihn begründen, wenn der Vermieter Sie dazu auffordert. Bleibt der Vermieter bei der Kündigung, muss er gegen Sie Räumungsklage erheben. Das Gericht wägt dann seine und Ihre Interessen ab.
Schadenersatz. Wenn Sie aufgrund der Kündigung ausziehen und feststellen, dass der Vermieter die Wohnung danach nicht wie angekündigt nutzt, könnte er den Eigenbedarf vorgetäuscht haben. Lassen Sie sich von einem Mietrechtsanwalt oder dem Mieterverein rechtlich beraten. Möglicherweise haben Sie eine Chance auf Schadenersatz..
***Für die langjährigen Mieter in der Bizonalen Siedlung die das 65 Lebensjahr erreicht haben gilt drüber hinaus die beim Verkauf der Frankfurter Siedlungsgesellschaft durch den Bund, das Land Hessen und die Stadt Frankfurt geschlossene Vereinbarung – hier im Wortlaut:
" Wird eine Wohnung an einen Dritten veräußert, so ist dieser unter Vereinbarung zu Gunsten des Bundes von einer nach billigem Ermessen und im Streitfall gerichtlich zu überprüfenden Vertragsstrafe zu verpflichten, in den Fällen, in denen der Wohnungsmieter
im Zeitpunkt der Veräußerung das 65. Lebensjahr erreicht hat, gegenüber diesem die Ausübung des Rechts zur ordentlichen Kündigung – auch wegen Eigenbedarfs - zu unterlassen und diese übernommene Verpflichtung einschließlich ihrer Belegung mit Vertragsstrafe auch seinen Rechtsnachfolgern aufzuerlegen."
Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen
Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.